Schulung für Sprach- und
Kulturmittlung in
(Psycho)Therapie und Beratung
9.12.2019 | Seit mehr als drei Jahren fahren
Mitarbeiter/innen der Koordinierungsstelle
für die interkulturelle Öffnung des Gesund-
heitssystems in RLP zu interessierten
Einrichtungen, um Sprach- und Kultur-
mittler/innen für den Einsatz in Beratungs-
gesprächen oder im therapeutischen Setting
(„Therapie zu dritt“) zu schulen. Die
Koordinierungsstelle kann inzwischen auf
weit mehr als 30 Schulungen zurückblicken,
die an insgesamt 14 Standorten in ganz
Rheinland-Pfalz durchgeführt wurden.
Mangelnde Sprachkenntnisse zählen nach
wie vor zu den größten Zugangshindernissen
zu einer adäquaten Versorgung im Gesund-
heitssystem. Dies gilt in ganz besonderer
Weise für Psychotherapien, die im Wesent-
lichen sprachbasierte Behandlungsformen
darstellen. Zur Unterstützung des Aufund
Ausbaus regionaler Sprachmittler/innenPools
bietet die Koordinierungsstelle ihre Schulung
für Sprachmittlung in Therapie und Beratung
kostenneutral als Inhouse-Schulung an. Diese
Möglichkeit nutzte das Psychosoziale
Zentrum Montabaur am 19.11.2019 in
diesem Jahr bereits zum zweiten Mal.
In einer Mischung aus Vortrag, Dialog und
praktischen Übungen konnten die
wichtigsten Themen bei der Arbeit der
"Sprach- und Kulturmittler/innen" im
(psycho-)therapeutischen Setting in der
Schulung vermittelt und diskutiert werden.
Zunächst wurde den Teilnehmenden in
Montabaur das Themenfeld „Trauma und
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)“
nähergebracht. Neben der Erklärung fach-
licher Begrifflichkeiten ging es dabei um die
Sensibilisierung dafür, in welcher Situation
sich die Klient/innen in der Therapie grund-
sätzlich befinden.
Die Teilnehmer/innen der Schulung in Montabaur
Das Wirken der Sprachmittler/innen
beschränkt sich nicht nur auf das Übersetzen
von Inhalten, sondern darüber hinaus auch
auf die Vor- und Nachbereitung der eigent-
lichen Therapiesitzungen. Hier können und
sollen die Behandler/innen auch auf
kulturelle, ethnische und religiöse Unter-
schiede und eventuell bestehende Tabus
hingewiesen werden. Dies soll es dem/der
Therapeut/in ermöglichen, die Schilderungen
der Klient/innen besser einzuordnen und zu
objektivieren.
Die Teilnehmer/innen wurden darin geschult,
nach bestimmten Regeln zu dolmetschen.
Diese halten einige Besonderheiten bereit,
um etwa im sensiblen Bereich des Über-
setzens in Psychotherapien eine gelingende
Behandlung zu ermöglichen.
Einen ersten Einblick in diese besonderen
Herausforderungen für die Sprachmittlung in
einer Therapie erhielten die Teil-
nehmer/innen bei einer praktischen
Kleingruppenübung, in der zu dritt eine
typische Therapiesituation nachgestellt wird.
Es ist für die Teilnehmer/innen — die meist
schon vielfältige Erfahrungen in der
Begleitung von Flüchtlingen zu Ämtern und
Institutionen gesammelt haben — oft sehr
ungewohnt, das eigene Wirken während der
Therapiesitzung völlig zurück-zunehmen. Das
wird vor allem dort deutlich, wo der
Dolmetscher nicht mehr "er hat gesagt, dass
er vor x Angst hatte" übersetzt, sondern
tatsächlich Wort für Wort und aus der Ich-
Perspektive mitteilt, was der Patient sagt,
also: "Ich habe Angst vor x."
Sprach- und Kulturmittler/innen sollen so
gewissermaßen zum "Echo" der Geschichte
des Patienten werden. Anders als beim
Kontakt mit den Ämtern, wo bei der Über-
setzung gleichzeitig auch vermittelnd und
erklärend eingegriffen werden kann, sollte
die Kommunikation (inklusive des Blick-
kontakts) in dieser speziellen Situation
ausschließlich zwischen Therapeut/in und
Klient/in statt-finden. Das ist auch für die
Behandelnden eine neue Herausforderung.
Ein ganz wichtiges Modul der Schulung war
schließlich dem Thema "Psychohygiene"
gewidmet. Wie geht man damit um, wenn
schreckliche Erlebnisse erzählt werden und
dies für den Dolmetschenden selbst zur
Belastung wird? Stichwort „Sekundär-
traumatisierung“. Hier bieten die vor-und
nachbereitenden Gespräche mit dem/der
Therapeut/in, sowie auch das Angebot einer
Supervision die Möglichkeit, individuelle
Strategien zur emotionalen Entlastung zu
entwickeln, die die eigene seelische Gesund-
heit schützen und davor bewahren sollen,
das in der Therapie Gehörte „mit nach Hause
zu nehmen“.
Mit Hilfe der Schulungsinhalte sollen die
Teilnehmenden ein (Selbst)Bewusstsein für
die Rolle als Sprachmittler entwickeln, dass
es ihnen ermöglicht, ihren Auftrag klar
formulieren und ausführen zu können.
Kurz und knapp:
Veranstaltungstitel:
„Schulung für Sprach- und Kulturmittlung in
Therapie und Beratung“
Ort und Zeitrahmen:
Nach Vereinbarung, ca. 4 Zeitstunden
Referenten:
Michaela Bersching, Sebastian Sikkes |
Koordinierungsstelle für die interkulturelle
Öffnung des Gesundheitssystems in RLP
Anzahl TN:
7